LARIFARI
Der Sparbluff
Ich weiß nicht, ob es an mir liegt, ob es meine Erfahrungen sind, oder ich eine untypische Denkweise pflege: Ich
stelle immer häufiger fest, dass meine Feindseligkeit gegenüber Schnäppchen- und günstigen Tiefstpreisen immer
mehr wächst. Nicht weil es sie gibt und sie sicherlich ihre Berechtigung haben, sondern weil es Züge annimmt, die
nicht mehr nachvollziehbar sind und mit Sparen letztendlich nichts mehr zu tun haben. Zudem greift diese
Schnäppchenmentalität in unser aller Leben ein, dass ich mir kaum ausmalen möchte, was uns die Zukunft bringt.
„KAUF MICH!“ Wer mich buchstäblich anschreit oder meint, mir angebliche Tiefst- und Schnäppchenpreise
präsentieren zu müssen, der wird von mir grundsätzlich ignoriert. Was zudem nervt, sind Angebote mit gesenktem
Preis und einer dicken Angabe eines „vorher“ x-fachen, jedoch durchgestrichenen Betrages. Besonders kurios wird
es, wenn dieser "Vorher-Preis" in diversen Publikationen und Werbebroschüren des gleichen Anbieters immer ein
anderer ist. Es mag sein, dass dieser psychologische Versuch bei einigen Leuten tatsächlich noch fruchtet, aber er
wird so inflationär genutzt, dass ich hiervon eher die Finger lasse.
Wertigkeit, Qualität, Inhalt und Herkunft. Das sind Merkmale, auf die ich mich konzentriere, sofern ich einen
Kaufwunsch hege. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Preissuchmaschinen nutze ich nicht, da ich sie für
ziemlich überflüssig und manipulativ halte. Somit ergibt sich in meinen Recherchen ein preisliches Mittelmaß, an
dem ich mich orientiere und danach die Händler unter die Lupe nehme. Selten bin ich mit dieser Methode schlecht gefahren.
Für eine Handelsware, die physisch verfügbar ist, ist es augenscheinlich leicht, ein angemessenes, seriöses und reales Angebot zu finden. Sofern man sich nicht
gänzlich vom Preis steuern lässt. Wobei ich auch hier einige Bedenken habe. Aber dazu später. Bei virtuellen Gütern, oder Dienstleistungen sieht es da schon
anders aus. Da diese Thematik vielschichtig ist, werde ich es unterteilen. Den ersten Teil widme ich einem Beispiel aus dem Dienstleistungssektor, der
Reisebranche
Was würden Sie davon halten, wenn Ihnen der Fachhandel ein Angebot für einen hochmodernen Computer für sage und schreibe 95,00€ unterbreitet? Jeder,
der sich ansatzweise mit dem Computerkauf beschäftigt hat, würde wahrscheinlich stutzig werden. Würde Sie dieses Angebot tatsächlich interessieren, erführen
Sie, dass Sie nur noch Marginalien, wie Mainboard, Festplatten, Anschlüsse und Arbeitsspeicher dazu kaufen müssten, um diesen Computer überhaupt zum
Laufen zu bringen. Der Preis wäre jeden letzten Mittwoch im Monat zwischen 10.00Uhr bis 13.30Uhr gültig. Das Betriebssystem ist in dem Angebot jedoch
enthalten. Wow! Sie wären verwirrt und ihre Schlussfolgerung wäre: sich umzudrehen und zu gehen, da Sie solche Angebote für unseriös halten.
Interessanterweise agiert die Reisebranche heutzutage ähnlich. Vor allem bei Pauschalreisen. Und? Was schließen Sie daraus? Genau, die Leute greifen zu!
Angebote diverser Reiseunternehmen starten in der Werbung mit einem Preis, der unfassbar entgegenkommend scheint. Dabei variieren die Offerten, je nach
Anbieter und man glaubt in eine Preisschlacht zu geraten. Einer unterbietet den anderen. Schaut man sich die jeweiligen Details an, bemerkt man schnell, dass
man das äußerst klein geschriebene „ab“ vor dem Preis überlesen hat. Somit relativieren sich diese Angebote, da der Preis nur in der Neben-Nebensaison gilt.
Also dann, wenn Otto-Normalverbraucher im seltensten Fall seine Reisen antritt. Rechtlich mag dieser Kunstgriff mit dem Wörtchen "ab" korrekt sein. Aber der
normal denkende Mensch assoziiert hier eher einen möglichen Mehrwert, der im Aufpreis enthalten sein kann. Ein Autokauf "ab" wäre eine Grundausführung.
Jeder höhere Preis beinhaltet Zusatzleistungen, wie mehr Komfort, mehr Ausstattung, oder Sonderwünsche. Und nicht, wie es Reiseunternehmen handhaben,
ein Gefährt ohne Lenkrad und Bremse als Basis.
Nehmen wir an, bei dieser Urlaubsbuchung handelt es sich um eine Fernreise mit Flug. Schnell ist man im Grundpreis beim Doppelten, sofern reguläre
Reisezeiten gewünscht werden. Möchte man gar noch Verpflegung oder einen Transfer zum gewünschten Urlaubsort ab Flughafen, verteuert sich der Endpreis
nochmals. Habe ich mein Arrangement getroffen, heißt das noch immer nicht, dass ich tatsächlich weiß, was mich der Spaß kostet. Denn unverschämterweise
wird bei der eigentlichen Bezahlung noch zugeschlagen. Ich zahle meine Reisen hauptsächlich mit dem weltweiten Zahlungsmittel Nr.1, der Kreditkarte. Für den
Großteil der Weltbevölkerung eine Selbstverständlichkeit. Selbst für Discounter, wie Lidl und Aldi, bei denen man mittlerweile anstandslos damit bezahlen kann.
Für Reiseunternehmen ein Grund, hier einen Aufpreis, von meist einem Prozent der Summe unberechtigt zu kassieren.
Begründet werden solche Mehrkosten dann mit den „hohen“ Gebühren, die dem Unternehmen dafür in Rechnung gestellt werden. Sorry, aber an dieser Stelle
kann ich nur mein Unverständnis ausdrücken. Denn wer sich mit dem Zahlungsverkehr ein wenig auseinandergesetzt hat, wird schnell bemerken, wie
scheinheilig diese Aussage ist. Denn außer Frage steht zunächst, dass der Händler oder das Unternehmen sich bewusst für dieses Zahlungsmittel entschieden
hat. Hätte er kein Interesse daran, verzichtet er. Dass er es letztendlich doch tut, liegt an den vielen Vorteilen dieser Zahlungsweise, die vor allem ihm zugute
kommen. Im Gegensatz zu anderen Zahlungsarten, bekommt der Unternehmer eine Zahlungsgarantie, sobald eine sogenannte Autorisierung startet. Hierbei
wird in Echtzeit geprüft, ob die Kreditkarte existent ist, ob Sperrungen vorliegen und der angefragte Betrag zur Verfügung steht. Diese Anfrage wird im
Autorisierungssystem des Händlers blockiert, so dass der eigentliche Zahlungsvorgang ausgelöst werden kann. Das heißt, er weiß, dass diese Zahlung eingeht
und braucht nur die Gutschrift abwarten. Ohne weiteres Zutun. Andere Zahlungswege kosten auch Geld. Auch wenn die Transaktionskosten dort niedriger
liegen, als bei der Kreditkarte, gibt es genügend Nebenkosten, die einzuplanen sind. Technik, Software, Abrechnungssysteme und vor allem Personalkosten, die
den korrekten Zahlungseingang kontrollieren, überwachen und verwalten. Somit schrumpft der Mehrwert der geringeren Transaktionsgebühr gewaltig. Ich
bezweifel sogar, dass diese Gesamtkosten am Ende tatsächlich geringer ausfallen, als bei Kreditkartenzahlungen.
Unter Umständen hat der geneigte Reisewillige bei einem Online-Reisevermittler, wie Opodo, Check24, Ab in den Urlaub oder Flüge.de gebucht, um: natürlich zu
sparen! Hier wird abschließend die Vermittlergebühr fällig. Wer beim Buchen nicht aufpasst, hat sogar noch eine Reiseversicherung abgeschlossen, da er ein
Häkchen übersehen hat. Gut! Somit haben wir zunächst unsere Reise gebucht und bezahlt. War es das?
Nein! Nicht unbedingt. Da sich die Sparfüchse unter uns das günstigste Angebot herausgefischt haben, fliegen sie am Ende mit einer Billig-Airline. Abgesehen
vom minimalen Service und dem geringen (eigenem) Platzangebot in solchen Maschinen, kommen hier bei vielen Anbietern zusätzliche Kosten auf.
Glücklicherweise haben wir nach etlichen Gerichtsurteilen wieder Klarheit, welcher Endpreis für die reine Beförderung auf uns zukommt, also inklusive
Servicegebühren, Kerosinaufschlägen, oder sonstigen absonderlichen Einfällen der Fluggesellschaften. Darin nicht enthalten sind jedoch unter Umständen: die
Gepäckbeförderung, eine Sitzplatzreservierung oder eine erwartete Mahlzeit. Wenn für das Köfferchen noch extra zwischen 20,00 € bis 100,00 €, für die
Sitzplatzreservierung 10,00 € bis 15,00 € und für ne lumpige Currywurst im Flugzeug 10,00 € pro Person veranschlagt wird, wird die Urlaubskasse um einiges
leichter.
Mein Fazit: Mit Sparen oder tatsächlich günstigen Angeboten hat dieses Vorgehen kaum etwas zu tun. Auch wenn es zunächst den Anschein hat. Es verwirrt
mehr, als dass es in der Entscheidungsfindung hilft. Am Ende zahle ich immer einen realen Gegenwert. Alles andere wäre wirtschaftliche Unvernunft. Auf Seite
der Unternehmen wünsche ich mir Klarheit und Ehrlichkeit von Anfang an. Dann könnten sie sich im Vorfeld diese absurde Augenwischerei sparen und sagen:
„Jupp – so ist der Preis, das kostet´s“. Das dies nicht so ist, erschließt sich für mich nicht.
Sonderangebote und vergünstigte Reiseangebote mag es durchaus auch heute noch geben. Gerade im Last-Minute-Bereich. Sollte jedoch diese seltsame
Preispolitik weiterhin anhalten, erkennt man sie nicht. Schade eigentlich!