LARIFARI
Kapitel 12 Ein Videospiel
Schon lange vor unserem Treffen machte sich J. Gedanken darüber, welche Form der Publizierung möglich wäre. Ich denke zwar, wir sollten uns ausschließlich
auf das Bühnenstück konzentrieren und erst dann um andere Ideen, jedoch möchte ich ihn in seinen Vorstellungen und Träumen nicht immer bremsen.
Mein Bruder absolvierte zu diesem Zeitpunkt gerade eine zweite Ausbildung als Spieleentwickler für Video- und Computerspiele. Eines Tages kamen wir beide
ins Gespräch. Inhaltlich ging es um seine Akademie, um entsprechende Projekte und um unser Musical. Um zu lernen, ist es in dieser Akademie Tradition, dass
mehrere Absolventen ein Team bilden und für die Ausbildung ein Referenzprojekt erstellen. Die Gruppe meines Bruders hatte bis dahin noch keine rechte
Vorstellung, wie ihr Entwurf aussehen könne. Das war doch ein Ansatz! Ich bot an, mit J. darüber zu sprechen, ob man nicht eventuell das Thema unserer
Geschichte übernehmen wolle. Er sollte persönlich mit seinen Kommilitonen darüber diskutieren, ob eine Zusammenarbeit von Interesse ist.
Beide Seiten waren dazu bereit. Im Januar 2005 schickten wir per Mail einige Dokumente an meinen Bruder und wenig später konnten wir einen Termin
vereinbaren, um uns zu verabreden.
J. und ich bereiteten eine kleine Präsentation vor und boten diese unseren potenziellen Mitstreitern dar. Es wurde verabredet, dass die Jungs sich einen
Zeitstrang aus dem Gesamtprojekt aussuchen dürfen, um nach Lust und Laune ihre eigenen Vorstellungen umsetzen zu können. Wir fachsimpelten fast einen
Nachmittag lang. Die Runde war von der Gesamtidee beeindruckt. Wir dachten darüber nach, den gesamten Entstehungsprozess filmisch festzuhalten. So viel
Material... In diesem Vorfeld wurden viele Fragen geklärt, viele Ideen festgehalten, so dass ein neues Projekt beginnen konnte. Wir wussten, das Resultat dieser
Arbeit würde nicht mehr als eine spielbare Demoversion werden. Immerhin ein Anfang für etwas Größeres. Mit der Bitte, um entsprechende Kommunikation
und dem Austausch der Inhalte, verabschiedeten wir uns. Und waren gespannt. Einige Tage später stellten J. und ich Dokumente zur Verfügung, die als
Unterstützung dienen sollten.
Von Anfang an lief diese Zusammenarbeit aus dem Ruder. Kommuniziert wurde kaum. Wir bekamen keine Einblicke in die entstandenen Dar- und
Vorstellungen. J. bemühte sich immer wieder diesen Zustand verbessern zu können und bot regelmäßig Hilfe an. Er schickte folgende E-Mail: „Hi Michael, heute
wende ich mich unbekannterweise mal direkt an Dich. Ich stelle fest, nach dem Hype vor 1,5 Monaten, dass seitdem nix, gar nix mehr passiert (zumindest
sichtbar in der von mir zur Verfügung gestellten Plattform) ...hmmm, Warum? Ich habe erfahren, dass Du so etwas wie den Projektleiter innerhalb des Themas
machst - wie kann ich Dich bei der Arbeit und bei der Kommunikation mit und zu den anderen Mitgliedern unterstützen? Wollen wir uns dazu mal treffen? Mich
beschleicht das ungute Gefühl, dass hier etwas passiert, was keiner haben will. Ich habe in die gesamte Story sehr viel Zeit gesteckt und würde mich sehr freuen,
wenn ihr als Unique Elements (Anm.: der Name bzw.das Pseudonym der Spieletruppe) zu dem gesamten Projekt einen wertvollen, dazu auch selbständigen
Beitrag leistet, der Euch (und auch uns) zugute kommt. Es wäre wirklich schade, wenn sich dieses ungute Gefühl bestätigt. Bis dann, ich hoffe auf Antwort, J.“
Die einzige Quelle, um über den Stand der Dinge aufgeklärt zu werden, bestand in dieser Zeit aus meinem Bruder. Auf die unterschiedlichsten Nachfragen,
woran es liege, dass dieses Projekt nicht vorankäme, war mehrfach zu vernehmen, dass sich die Herren der Spieleabteilung immer wieder selbst ins Gehege
kamen. Ideen wurden ersonnen, Ideen wurden verworfen. Erste Animationen wurden erstellt und wieder abgelehnt. Sogenannte Storyboards wurden
geschrieben und zerredet. Die fehlende Orientierung und Organisation der Gruppe trug dazu bei, dass sie mehr als 6 Monate nach unserem Treffen nichts
zustande brachten. An diesem Punkt muss wohl ein Knoten geplatzt sein. Sie nahmen ein weiteres Mitglied in ihrer Runde auf, der die Führung übernahm und
eigene Vorstellungen umsetzte. Damit hatte sich unser Spiel erledigt und eine weitere Erfahrung für uns entstand, aus der wir lernen sollten.