“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.(Woody Allen).”
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Kapitel 18 Es muss weitergehen

Im Januar 2006 erreichte mich eine durchaus freudige Nachricht in meinem E-Mail-Briefkasten: „Punkt 1: Ich habe in Regensburg über meine Anzeigen einen Autor (den ersten von 4) gefunden. Name: Manfred, 27, angestellt, SciFi und Fantasy-Fan-Spielleiter und ist nach eindeutigem Mail-Wechsel und Telefonat vorläufig qualifiziert, willens und motiviert. Punkt 2: Ich suche noch mindestens einen weiteren dieser Art auf diese Weise - das Glück wird bei mir sein.“ Den ersten von vier. Aha! Mir würde es reichen, wenn überhaupt ein einziger mit der Arbeit beginnt. Sei es, wie es ist. Endlich eine positive Information, die uns weiterbringen kann. Zwar wurde ich abermals mit der plötzlichen Ernennung Manfred´s zum Autor übergangen, jedoch war dies ein Wermutstropfen. Mir ging es im Frühjahr wieder einigermaßen gut, so dass ich mich auf unser Musical konzentrieren konnte. Manfred stellte uns kurz nach seiner Aktivierung die ersten Dokumente zur Verfügung, um uns einen Einblick in seine Fähigkeiten zu geben. Ich konnte mit seinen Arbeiten etwas anfangen. Es war keine hohe Literatur, was ich nicht erwartete, dafür aber kleine Science-Fiction-Abhandlungen, die gute Ansätze besaßen. J. setzte die für mich falschen Prioritäten und übergab Manfred die Aufgabe unsere „Aorta“, also den vorliegenden roten Faden weiterzuentwickeln. An sich eine gute Idee. Nur diese „Entwicklung“ sah anders aus, als ich, und höchstwahrscheinlich auch Manfred es erwarteten. Unser neuer Autor wurde dazu verdammt, neue Strukturen in die alten Aufzeichnungen zu bringen. Nach und nach entstand in unserem Internet-Arbeitsportal eine Untergliederung unserer bisherigen Abhandlung. Mit Punkten, Unterpunkten, Sequenzen und Untersequenzen. Alles schön verteilt auf -zig Seiten zum Nachlesen. Nichts Neues. Keine Ideen, kein Ansatz für eine neue Geschichte. Ich hatte nicht einmal mehr die Möglichkeit anhand dieser Dokumente mir einen Gesamtüberblick ausdrucken zu können. Was war der Sinn und Zweck einer solchen umfangreichen Untergliederung? Um etwas in der Geschichte aufzufinden, muss ich nun die Suchfunktion bemühen und kämpfe mich z.Z. durch mehr als 90 Artikel. Auf meine Nachfrage hin erklärte J., dass der Mind Map – Gedanke eine Rolle spiele. Wenn Ideen zu irgendeinem Kapitel entstehen würden, hätte man eine viel bessere Ausgangslage, nicht in das Gesamtdokument einzugreifen. Ich nahm diese Idee auf und schrieb erste Gedanken zu einzelnen Kapiteln nieder. Falsch! Noch am selben Abend bekam ich eine mahnende Antwort auf mein Handeln. Natürlich wäre es nicht so gemeint gewesen, dass man jetzt seine Ideen einfach und direkt in die Texte schreiben solle. Neue Ansätze sollten doch eher als Zusatzpunkt, als eine Art Antwort geschrieben werden, damit man darüber diskutieren könne. Eher, wie in einem Forum. Noch mehr Unterpunkte! Noch verwirrender, als vorher! O.k., dachte ich, und zog meine Konsequenz. Ich schrieb bis jetzt nie wieder einen Gedanken in ein Dokument dieser Plattform. Schade. Man hätte Manfred´s Mitarbeit durchaus sinnvoller einbringen können. Einige Dokumente und Ideen hatte er im Vorfeld ansatzweise ausgearbeitet. Diese hätten durchaus das Potenzial gehabt, weiterentwickelt zu werden. Statt dessen musste sich der arme Kerl mit den alten Schriftsätzen beschäftigen und sie fein säuberlich abtippen, in unser Arbeitsportal einstellen und umformulieren. Meiner Meinung nach, war diese Zeit und diese Arbeit eine verschenkte. Ich weiß, dass J. eine Strategie verfolgt, die eine gesamte Geschichte beinhaltet. Wenn eines Tages ein 1000 Seiten dickes Buch aus der Idee entstehen sollte, dann sieht es sicherlich anders aus, strategisch vorzugehen. Dann werden Teiluntergliederungen von Nöten sein, um den Überblick nicht zu verlieren. Aber was tun wir hier? Wir schreiben ein Musical. Ein Manuskript von wahrscheinlich 30 bis 60 Seiten Material! Dazu brauche ich keine komplizierte Aufbauweise einer Struktur, die nur J. durchschauen kann. Noch länger auf die eigentliche Geschichte warten, dachte ich. J. beharrte darauf und verwies mich auf seine Planungen, dass der rote Faden doch die elementaren Bestandteile der Geschichte beinhalte. Immer darauf bedacht und im Hinterkopf, dass womöglich drei oder vier Autoren gleichzeitig am Gesamtwerk sitzen könnten. Nicht, dass nachher ein Planet in unserer Geschichte falsch beschrieben wird.... Das würde eine Kontrollarbeit mit sich ziehen, die man sich kaum ausmalen kann. Im Übrigen blieb es bei Manfred. Das angesprochene Glück für weitere Autoren überkam uns nicht. Wie erwartet. Ich war dankbar für jede Unterstützung, die uns zuteil wurde, aber es befriedigte mich nicht. Für die Ausarbeitung dieses roten Fadens plante J. einen Zeitraum bis zum Ende des Jahres. Ich hatte absolut keine Lust darauf, bis dahin zu warten, um im Endeffekt Nebensächlichkeiten geklärt zu sehen. Was dann? Sollte ich dann wiederum ein ganzes Jahr warten, bis die Geschichte ausgeschmückt war, um dann ab 2008 so langsam anfangen zu können, das Musical zu schreiben? Was ist, wenn Manfred ausfällt? Unsere Erfahrungen in dieser Hinsicht hatten wir ja. Ich zweifelte. Um voranzukommen, hatte ich mir im Sommer das Manuskript aus Braunschweig und den Roten Faden zur Hand genommen und versucht, aus den spärlichen Informationen eigene Texte zu kreieren. Und siehe da, erstaunlicherweise funktionierte es. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Songtexte geschrieben, die verwendbar waren. Jetzt bin ich stolz darauf. Vielleicht wird dies ein Weg sein, den ich in Zukunft angehen sollte. Unabhängig von den anderen. Denn wenn ich ehrlich sein soll: Falls wir so weitermachen wie bisher, wird es in den nächsten fünf bis zehn Jahren kein Musical geben. Auf der anderen Seite musste ich etwas tun, um die Situation zu verbessern. Ebenfalls in diesem Sommer telefonierte ich, wie so oft, mit einem guten Freund, mit dem ich in den Jahren zuvor gemeinsam Songs geschrieben hatte. In den letzten Jahren war Torsten sehr beschäftigt, so dass seine Schreibintentionen darunter litten. Wir sprachen bereits vor diesem Telefonat mehrmals über das Musicalprojekt. An diesem Tag eröffnete er mir, dass sich seine berufliche Situation demnächst ändern werde und ihm mehr Zeit zur Verfügung stünde. Ich erzählte ihm von unserer Situation und dass wir mit unserem Stück nicht vorwärts kämen. Ich bräuchte händeringend Songtexte. Das war das Stichwort. Er willigte ein, mich in diesen Anstrengungen zu unterstützen. So schmiedeten wir Pläne. Torsten fiel sofort auf, dass die geschriebenen Fragmente und Abschnitte kaum Inhalte für Songtexte lieferten. Wir benötigten eine Strategie. So fingen wir an, einzelnen Charakteren Leben einzuhauchen. Die ersten Eigenschaften, Lebensläufe und Beschreibungen kamen ans Tageslicht und Torsten auf eine geniale Idee...