“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.(Woody Allen).”
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Kapitel 29 Was ist los?

23.04.2007. Eine seltsame Situation. Auf Reaktionen bezüglich unseres Dokumentes warte ich bis heute. Über drei Wochen ist es her, dass wir unser Manuskript weitergaben. Vier Wochen sind vergangen, seit Jörg und ich unsere letzten Worte darin verewigten. Und? Nichts! Gar nichts! Nicht einmal zu einer Meldung, von wegen ...habe ich bekommen, werde es durchlesen.... oder ...habe keine Zeit, melde mich später..., ließen sich unsere Kollegen hinreißen. Ich verstehe das nicht. Jörg ist ungeduldig und würde am liebsten hinterher telefonieren. Die Warterei ist das Schlimmste daran. Wir beschlossen, nach dem Versand zwei Wochen zu pausieren, um Rückmeldungen abzuwarten. Eine weitere Woche Pause hängten wir an, weil ich Konzertkarten für Bryan Ferry am Tag unseres Schreibtermins hatte. Dann verschoben wir unseren nächsten abermals, weil Jörg ein ganzer Teil seiner Technik abrauchte und er verzweifelt nach Lösungen suchte. Es ist der Wurm drin. Jörg kann ich gut verstehen, dass er seine Gedanken zur Zeit woanders hat. Er bat mich in der letzten Woche um Aufschub, denn er hatte soo´n Hals, wie er sich ausdrückte. Einige ärgerliche Situationen, die sich in kürzester Zeit ergaben kamen hinzu. Er gab zu, seinen Frust nachher an mir auszulassen, was er nicht wollte. In dieser Anspannung wäre ich selbst nicht imstande einen Satz auf´s Papier zu bringen. Aber die anderen? Ich habe wenig Lust, wiederholt die Initiative zu ergreifen, um Reaktionen einzufordern! Entweder man hat das Bedürfnis an einem Projekt mitzuarbeiten oder nicht. Wenn nicht, dann sollte man dies kund tun. Jörg ist darüber sehr verärgert. Er sprach heute in einem kurzen Telefonat davon, unser Projekt aufzugeben. Dieser Gedanke kommt in letzter Zeit mehrfach in ihm hoch. Wie lange sollen wir an diesem Musical sitzen, wenn wir beide allein blieben, fragte er. Bis 2020? Bis wir keine Haare mehr auf dem Kopf trügen? Ich erwiderte, dass er übertrieb. In den letzten Monaten arbeiteten wir wunderbar miteinander! Selbst wenn wir allein blieben und die anderen ausstiegen, bräuchten wir allenfalls nicht mehr als zwei bis drei Jahre, bis unser Stück mit all seinen Feinheiten steht. Vorausgesetzt, es käme nicht vorher zu einem Fiasko. Warum kann nie eine Sache glatt gehen? Wir hatten unsere Erwartungen und Arbeitsaufteilungen auf ein Minimum reduziert! In diesem Zusammenhang fielen mir Schoko-Osterhasen oder -Weihnachtsmänner ein. Als Kind machte ich mir nicht sehr viel aus Schokolade, außer an den Weihnachts- oder Ostertagen. Ich befreite jedes Mal vorsichtig einen Teil dieser wunderbaren Hohlkörper aus seiner bunt bedruckten Aluminiumfolie und arbeitete mich Stück für Stück dem Ende entgegen. Und jetzt kam das Beste: Am Boden des nur noch topfähnlichen Gebildes befanden sich viele kleine Extra-Stückchen der Kalorienbombe. Ich fragte mich, wer sich solch eine Mühe macht, diese Bruchstücke hinein zu tun. Ich öffnete meine Handfläche, schüttete diesen Bonus hinein und freute mich wie ein Schneekönig. Erst viel später war mir klar, dass ich durch den stückchenweisen Genuß selbst diese Schokobröckchen fabrizierte. Aber bis zu dieser Erkenntnis ließ ich mich jedes Mal überraschen, ob der Schokoladenfabrikant eine Extraportion für mich bereithielt. Diesen Effekt erhoffte ich mir mit unserem Dokument. Stück für Stück vorarbeiten und am Ende, bzw. unserem jetzigen Zwischenstand eine kleine Überraschung in Form von Rückmeldungen, neuen Ideen und neuen Ansätzen erleben. Dann einfach weiterschreiben, das Manuskript verändern, erweitern und verbessern und wieder „Weihnachten“ erleben! Es könnte so einfach sein! Und vor allem, wo ist das Interesse unserer Mitstreiter geblieben, dass vor Wochen noch Neugierde erzeugt hat? Nebenbei sagte ich wieder zu, mich an einem Jugendprojekt zu beteiligen. In den Vorjahren hatte ich mehrfach Erfahrungen mit solchen Projekten gesammelt. Ehrenamtlich. Jedes Mal schwor ich danach, dass ich so etwas nie wieder anpacken werde. Generelle Studioarbeiten waren nie ein Problem. Die Arbeit mit Kindern umso mehr. Nichts gegen Kinder, ich bin selbst Vater, aber setzen Sie sich als Musiker gegen eine Gruppe ungeduldiger und zappeliger kleiner Sänger durch, denen klar gemacht werden muss, dass man einen Titel mehrmals einsingt, um ein passables Resultat zu erreichen! Es fetzt einem die Nerven dahin. Eine Freundin von uns arbeitet für einen Verein mit Betreuungseinrichtung, in der Kinder aus benachteiligten Verhältnissen ihre Freizeit verbringen können. Um eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen, bemüht sich dieser Verein regelmäßig um Spenden und Hilfsmittel. Eine andere Organisation aus Berlin, die sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzt, suchte seit dem Frühjahr Projekte, die sich mit ihrem Schwerpunktthema auseinandersetzten und schrieb Geldmittel aus, um die man sich bewerben konnte. Das taten die Vertreter des Vereins, mit der Idee einen Song zu präsentieren. Die Mittel wurden zur Verfügung gestellt. Da eines meiner vorherigen Kinderprojekte im Zusammenhang mit dieser Freundin stattfand, fragte man ein weiteres Mal bei mir an. Und ich Blödmann sagte: „Ja, kein Problem – mache ich“! Unausweichlich sollte dieses Lied von den Jugendlichen selbst eingesungen werden. Die Vortragenden konnten sich im Vorfeld aussuchen, welche Art von Musik es sein sollte. Sie entschieden sich für Rap-Musik. Na super, dachte ich, das war eine der Musikrichtungen, mit denen ich mich nie auseinandersetzte. Aber egal, dann werde ich halt Rapper... Den Text und das Grundgerüst für die Musik schrieb ich mittlerweile. Man höre und staune, ich wiederhole: den Text geschrieben – ja, Sie lasen richtig! Ich überlege noch, ob ich den Aufnahmen im Tonstudio fernbleiben sollte. Im Übrigen ist im nächsten Monat Jahrestag. Wahrhaftig sitze ich seit Mai 2006 an diesem Büchlein inklusive meiner handschriftlichen Aufzeichnungen. Meine Gedankenwelt lässt mich nicht zur Ruhe kommen. Blatt für Blatt füllen sich Zeilen und lassen die Seitenzahl wachsen. Ich denke darüber nach, ob ich etwas vergaß. An manchem Abend liege ich wach und stelle mir die Zukunft vor. Die meiner Familie, des Musicals, meiner anderen Projekte und die des Buches. Wird jemals ein Leser darin blättern und meine Sorgen teilen? Wird je ein Zuschauer unser Musical sehen? All das weiß ich nicht. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.