“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.(Woody Allen).”
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Kapitel 35 Meine Nerven möchte ich haben…

08.08.2007 - Was macht ein Mensch, wenn er ungewollt viel Freizeit erhält? Richtig! Renovieren! Ich spüre zur Zeit jeden Muskel in meinem Körper. Selbst da, wo ich nicht dachte, dass welche vorhanden sind. Abgesehen von unserem wöchentlichen Schreibtermin, schaffte ich es in der letzten Woche nicht, mich mit unserem Manuskript auseinanderzusetzen. Teilweise bis um 22.30 Uhr klebte ich im wahrsten Sinne tagtäglich an den Wänden. Als an diesem Wochenende der letzte Pinselstrich gesetzt, die letzte Laminatplatte verlegt und das letzte Kabel, dass ich anschloss, die Deckenleuchte erhellte, machte ich drei Kreuze. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich etwas in meinen heimischen Räumen erneuere und verändere. Bin aber auch froh, wenn diese Zeit vorbei geht. Vor allem, wenn man jeden Knochen spürt. Man wird älter... Bevor wir uns erneut mit unserem Libretto befassten, bekam ich eine weitergeleitete E-Mail von Nina, gerichtet an J.: „Juten Abend! Ick bin erst vor 1 1/2 Stunden heim gekommen und werde heute nix mehr schreiben. Jedoch habe ich die letzten Tage wie versprochen mit der Story verbracht und mich intensiv damit beschäftigt. Da die Story jedoch einen natürlich großen Umfang hat, werde ich wohl die nächsten Tage mit der Charakterbeschreibung und der Konzeptionierung der Bücher verbringen. Natürlich werde ich Dich auf dem laufenden halten und Dir etwas schicken, wenn ich was geschrieben habe. ;-) Lieben Gruß, Nina“ Nina war, das muss ich hier erwähnen, eine knappe Woche in den Urlaub gefahren. Trotz dieser geplanten Erholung beschäftigte sie sich mit unseren Manuskripten. Respekt! Zu unserem Treffen muss ich noch hinzufügen, dass die Idee geboren wurde, den Roman in Teile zu gliedern. Der enorme Zeitrahmen der Geschichte, dem wir gegenüber stehen, schafft mit diesem Vorgehen eine bessere Voraussetzung, realisiert zu werden. Wir rechnen damit, dass drei abgeschlossene Romane entstehen könnten. Die Erzählung der Vergangenheit, die unseres Musicalabschnittes und die der Zukunft unserer Protagonisten. Das könnte spannend werden. Ein weiterer Vorteil, den das Vorhaben in sich birgt, ist der zügige Ergebnisstand. Beziehungsweise die Möglichkeit, schneller etwas in den Händen zu halten. Die Schreibarbeit an den Kapiteln, Dialogen und Szenen unseres Librettos hat in den letzten Wochen an Tempo verloren. Oft entstehen nur wenige Zeilen. Die Überlegungen, wie wir etwas ausarbeiten, nehmen den größten Teil unserer Zeit ein. Es sind nicht die Ideen, die uns aufhalten. Jörg feilt gern an Satzbauten und -konstellationen herum, anstatt flott voran zu schreiben. Die Feinarbeit erfolgt erst später, das war unser Anspruch! Ist es sein Bedürfnis, überkorrekt zu sein? Wenn ich eine Idee habe und Jörg sich nicht in das Thema einfinden kann, schreibe ick so, wie dem Berlina seine Schnauze jewachsen ist. Jawoll. Man bringt letztendlich diese Dialoge und Beschreibungen in ein vernünftiges Format. Klar. Es wird dadurch aber selten eine Grundidee verändert. Jörg schreibt fast jeden meiner Sätze minutenlang um, so dass der Einfall, den ich bis dahin verfolgte, schnell verloren geht. Das ärgert mich. Den Schluss solcher Aktionen beendet Jörg gern mit den Sätzen: So, jetzt wird ein Schuh daraus oder jetzt wird das rund ... Am Ende trugen diese Aktionen nie dazu bei, die Idee zu veredeln. Weiterhin finden Diskussionen statt, die überflüssig sind. Ob es Ausdrucksweisen oder Bildbeschreibungen sind, spielt dabei gar keine Rolle. Sätze wie Frank, so sagt das heute kein Mensch mehr sind oft Anzeichen, dass es ab sofort ein wenig länger dauert. Da möchte man sich glatt einen Schokoriegel zur Hand nehmen... Sind wir an einem Absatz, der in seiner Redline beziehungsweise der Aorta nicht vorgesehen war, gibt es eine Pause, um diesen Fakt zu besprechen. Mühsam muss ich mir Argumente einfallen lassen, um Ideen oder sinnvolle Weiterführungen zu verteidigen. Jeder Gedanke, der seiner Meinung und seinem Bild der Geschichte nicht entspricht, stiehlt uns Zeit. Selbst die absurdesten Nebensächlichkeiten halten uns auf, obwohl er beteuerte, dass jede Idee willkommen sei. Im Gegenzug muss ich warten, wenn Jörg schreibt. Ich bat ihn, mir zu erzählen, was er notierte. Ich höre dann: ...warte, ich schreibe... oder ähnliche Sätze, die mir keinerlei Einblick in seine Gedanken erlauben. Sie werden jetzt sagen, dass ich wusste, worauf ich mich einließ. Dass es schwierig wird. Meine Kräfte sind begrenzt! Nach unserer Vorstellung sollte das Manuskript spätestens in vier Monaten fertig sein. Und der Kraftakt des Schreibens der Musik, steht mir noch bevor. Das ist eine Vergeudung meiner Kreativität, die ich nicht nachvollziehen kann. Am nächsten Tag besprachen wir uns. J. vermutete, dass unser bisher Geschriebenes zu kurz für ein Musical sei. Bis heute kann keiner von uns eine Einschätzung geben, welche Zeit verginge, würde unser Material auf einer Bühne gespielt werden. Ich muss mir darüber jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Erstens weiß ich nicht, wie viele Szenen wir noch schreiben werden und zweitens gibt es, abgesehen von einzelnen Songs und Ansätzen, keinerlei Musik, die ich als Referenz nutzen kann. Wenigstens beendeten wir an diesem Abend unseren geschriebenen Part vom Vortag und sammelten Ideen für einen Prolog. Die Aufnahmen des Jugendprojektes bearbeitete ich ebenfalls in den letzten Wochen eher sporadisch. Viele Stimmen mussten gerade gerückt, aufgepeppt, geschnitten und zusammengestellt werden, so dass sie zueinander passten. Die Idee, eine Single mit verschiedenen Versionen meines Songs zu erstellen, verfolgte ich. Diese Nacharbeiten machen mir zwar keinen Spaß, jedoch gehören sie dazu. Außerdem komme ich mit jeder Berührung meines Mischpultes, mit jedem eingearbeiteten Effekt und kleinen Veränderungen in der Musik und dem Arrangement meinem Ziel näher, das Projekt zu beenden. Zur Zeit gibt es je einen vorläufigen Mix für alle Versionen, die nochmals abgestimmt werden, bevor die Übergabe erfolgt. Einen genauen Abgabetermin habe ich zu meinem Glück nicht.