“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.(Woody Allen).”
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Kapitel 36 Er ist nett, freundlich und aufgeschlossen

16.08.2007 – Der Schreibtermin in dieser Woche fiel zunächst aus. An unserem verabredeten Tag war J. beruflich unterwegs. Meine Hörfähigkeit und meine Konzentration hatten nachgelassen, da ich mich nochmals um das Jugendprojekt kümmerte. Einige kleine Nachbesserungen mussten erfolgen, da das Ergebnis der vorigen Woche noch nicht meinen Vorstellungen entsprach. Es ist gut, sich etwas Zeit zu lassen, zwischen einer Bearbeitung und einem erneuten Anhören. Wenigstens eine Nacht. Ich legte ein ganzen Wochenende dazwischen, bevor ich eine CD für Demonstrationszwecke brannte. Wenn das jetzige Endprodukt gefiel, wird es dabei bleiben. Ich brauche so langsam einen Abschluss. J. und ich telefonierten an diesem Tag kurz miteinander, tauschten einige Informationen und kleine Ideen aus und verschoben unseren Termin um weitere zwei Tage. Am nächsten Tag las ich in einer Mail den Aufruf zu einer Telefonkonferenz. Nina sammelt zur Zeit viele Ideen und Informationen zu unserer Geschichte und bat uns um einige Details zu unseren Charakteren. J. wollte alles persönlich klären. Das Dokument von Nina bekam ich zugesandt und befasste mich damit. Auf Jörgs Nachfrage zu einer Dreier-Konferenz antwortete ich deshalb: „Nein - anscheinend hast Du Dir das Dokument noch nicht angeschaut, dann hättest Du bereits gesehen, dass ich gegen frühen Nachmittag erste Daten eingepflegt habe. Wir werden uns beide morgen, vor unserem Manuskript, mit der Materie auseinandersetzen und weitere Details hinzufügen, da uns Nina die Schreibrechte eingeräumt hat. Es geht ja grundsätzlich erst einmal um die Charakter- Eigenschaften. Wo uns nix einfällt, werden wir Nina freie Hand gewähren. Ich denke, erst wenn es um die reine Story geht, bzw. im kurzfristigen Vorfeld dieser Arbeit könnten wir dann eine Telefonkonferenz ansetzen, um die Ideen, die vielleicht noch nicht niedergeschrieben wurden, zu erläutern. Auch Vorstellungen, wie der Auftakt des Buches sein könnte, den wir beide ja bereits besprochen haben (wie im Musical), nur an einem viel früheren Zeitpunkt der Geschichte, sollte dann Beachtung finden. Den Rest hat sie ja. Ich hatte ihr ja bereits einige Dokumente, die über unser Libretto hinausgehen, zukommen lassen. Darunter auch einige Mails, die um die Geschichte und die Charaktere gehen. Lass uns morgen telefonieren, alles besprechen und arbeiten!!!“ Ich dachte, dass ich mich mit diesem Schreiben klar ausdrückte. Als ich Jörg dann anrief, um weiterzuarbeiten, blinkte mitten im Gespräch mein E-Mail-Programm auf, um mir mitzuteilen, dass eine neue Nachricht eintraf. Nebenbei öffnete ich diese und las: „Moin!Findet denn heute keine TelKo statt? Lieben Gruß, Nina“ Na prima! Warum fragt er mich überhaupt, wenn alles längst beschlossen war? Ich hätte mir meine Antwort schenken können und um Nina nicht zu enttäuschen, willigte ich ein. Es ist seltsam, wenn mehr als einer am anderen Ende der Leitung am Telefon spricht. Es ist ungewöhnlich. Man muss alles aufmerksamer verfolgen, als bei einem normalen Gespräch. Für Jörg ist dieses Verfahren Routine, da er beruflich oft solche Konferenzen moderierte. Aber für mich...? Somit fand also die offiziell zweite Telefonkonferenz seit unserer gemeinsamen Arbeit statt. Zum Glück diesmal nicht unter dem Vorzeichen der verhärteten Fronten. Wir verbrachten mehr als drei Stunden damit, unseren Hauptpersonen Eigenschaften, ein Aussehen und eine kleine Vorgeschichte zu geben. Darüber hinaus gingen wir auf kleine Nebensächlichkeiten ein, wie der Kleidung, dem Humor oder den Sehnsüchten. Ich muss zugeben, dieses Gespräch hat Spaß gemacht. Viele Ideen, die weit über unsere Aufzeichnungen hinaus gingen, wurden Fakten, mit denen man weiterarbeiten kann. Nach sehr langer Zeit hatte ich ein ähnlich gutes Gefühl, wie in Braunschweig. Die Teamarbeit funktionierte und die Diskussionen für Nebensächliches hielten sich in Grenzen. Seltsamerweise hatten wir das Thema der Charakter-Beschreibungen regelmäßig nach hinten verbannt. Obwohl wir zwar damit begannen Details zu ersinnen, gibt es bis zum heutigen Tage nicht ein einziges zusammenhängendes Dokument, dass sich damit beschäftigte. Vereinzelt fand man Ansätze in unseren Aufzeichnungen und E-Mails, unseren handschriftlichen Ausführungen und Zusatzschriften, die allesamt mit unserer Geschichte nur am Rande zu tun hatten. Viele Eigenschaften und Hintergründe unserer Personen im Stück entwickelten sich erst im Laufe des Schreibprozesses, so dass ein Extra-Schriftstück für uns im Vorfeld keinen Sinn ergab. Aus dem Stand hätte ich nur wenige der Charaktere beschreiben können. Nina war sehr dankbar für diese Zusammenarbeit. Es ersparte ihr eine Menge Zeit, sämtliche Aufzeichnungen zu durchforsten, um auf einen Hinweis zu stoßen, der Hintergründe zu unseren Akteuren aufzeigte und die Zeit, um sich Neues auszudenken. Der Abend, wir schrieben bis zirka 22.00 Uhr, ging schnell vorüber, so dass Jörg und ich im Anschluss nicht mehr auf das Libretto eingehen konnten. In der folgenden Woche wird die Arbeit ruhen, da ich mit meiner Familie in den Urlaub fahre. Aber nun trödelten wir so lange, dass auch diese Woche nicht mehr ins Gewicht fällt. Jetzt, kurz vor meinem Urlaub, ist ein neuer Umstand eingetreten, der mir sehr leid tut. J. hat einen ersten Aufruf zur Durchführung eines Trennungsgespräches von seinem Arbeitgeber erhalten. Trotz seiner Fähigkeiten, einem überdurchschnittlichem Erreichen seiner Ziele und seinem Einsatz, kann er womöglich aufgrund der Sozialkriterien sein Unternehmen verlassen. Nicht verheiratet, keine Kinder. Trotz der riesigen Gewinne, die sein Arbeitgeber in diesem Jahr eingefahren hat, wird in den jeweiligen Standorten unseres Landes ein massiver Arbeitsplatzabbau stattfinden. Man hat das Gefühl, solche Unternehmen suchen immer einen Ausweg, um in Deutschland so wenig Steuern, wie möglich zu zahlen und nur Gewinne zu maximieren. Ein Abbau von Arbeitsplätzen, mit entsprechenden Abfindungszahlungen ist offenkundig ein guter Weg. Ich hoffe für J., dass ihn dieses Ereignis nicht zu sehr mitnimmt und dass er im schlimmsten Fall schnell Alternativen findet.