LARIFARI
Kapitel 45 Fertig
18.05.2009. In den letzten 14 Monaten schrieb ich nicht mehr als drei Kapitel dieses Büchleins. Ist tatsächlich eine so lange Zeit vergangen, seit unser Roh-
Manuskript beendet wurde? Ich bemerkte es kaum. Die Monate rasen dahin. Wir wollten allein unsere Überarbeitungen einfügen und verbessern und taten es
auch. Unregelmäßig und seltener, als gedacht. Hier ein Kapitel, dort eine Passage und ab und an waren unsere Reimkünste gefragt. Auch sind erneut alte
Diskussionen in unserer Arbeit aufgekeimt. Ich nehme sie mittlerweile gelassener hin und würde mich an dieser Stelle nur wiederholen.
Das Manuskript ist fertig überarbeitet und wir sprechen an unseren Telefontagen nur noch über Kleinigkeiten, die uns auffallen. Es liegt ebenfalls Rainer vor, der
sich bereit erklärte, die amtliche Version, einschließlich der Korrekturen aller Rechtschreib- und Grammatikfehler zu erstellen. Nach 2 Jahren ist es soweit. Zwei
Jahre voller Kompromisse, einer ausgiebigen Fantasie und endlosen Diskussionen. Ich bin froh und hoffe, dass dies ein Ende hat. Jetzt tue ich das, wofür ich
vorgesehen war. Musik schreiben. Fünfeinhalb Jahre später, als gedacht. Besser jetzt, als nie!
Das Jahr 2003, an dem ich zum ersten Mal mit Jörg in Kontakt trat, kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Wir hätten uns viel Zeit einsparen können, wenn wir einiges
anders gemacht hätten. Aber hätte, würde, könnte sind Floskeln, die an dieser Zeitspanne jetzt nichts mehr ändern. Diesen Tag sehnte ich herbei, wie kaum
etwas. Anders als geplant, ersann auch ich diese Geschichte. Eine Geschichte, die anfangs nicht existierte. Ich denke zurück an unser erstes Treffen in diesem
amerikanischen Restaurant. Ahnungslos, was auf mich zukäme, sagte ich zu, an diesem Musical mitzuarbeiten. Was endgültig daraus wird, weiß ich bis heute
nicht. Vieles wäre in einer professionellen Umgebung anders gelaufen. Ich lernte so viel mehr. Über Menschen, über das Schreiben und über Dinge, mit denen
ich mich nie im Leben beschäftigt hätte.
Ein vorteilhafter Nebeneffekt ist durch diese lange Zeitspanne entstanden. Die Technik, vor allen Dingen die Studio-, Aufnahme- und Computertechnik hat sich
in den letzten Jahren rasant entwickelt. Vor fünf Jahren besaß ich Arbeitsmittel, mit denen ich ein befriedigendes Resultat meiner Arbeit erzielte. Immer mit der
Gewissheit, dass eine bühnentaugliche Version damit nicht möglich sei. Jetzt besitze ich die Technik, die mir einige professionelle Nachbearbeitungen und damit
eine Menge Zeit und Geld einspart. Die Sample-Klänge, mit denen ich arbeite, unterscheiden sich kaum noch von echten Instrumenten. Ich kann eine
Authentizität herstellen, die vor Jahren nicht möglich war. Auch ein größerer Umfang von Notenbildern und Instrumenten lässt sich mittlerweile einfacher
händeln, da mein heutiger Computer ein vielfaches an Arbeits- und Rechenleistung besitzt, als mein vorheriger. Es ist einfacher geworden, so dass man sich auf
das Wesentliche besser konzentrieren kann.
Im letzten Telefonat gingen wir nach langer Zeit auf ein Thema ein, dass wir lange vernachlässigten: unseren Dokumentarfilm. Ich überlegte lange, welche
Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, diesen Film aus eigener Kraft umzusetzen. Denn auch im Blick darauf hörten wir von den Leuten, die anboten uns
dabei zu unterstützen, nie wieder etwas. Aber nun steht ein Konzept, dass wir verfolgen werden. Ich hatte im Vorfeld gedacht, wir sollten Schritt für Schritt, bis
hin zur Premiere an einem Theater, unsere Arbeit dokumentieren. Meine Zweifel, dass diese Premiere eventuell nie stattfinden würde, engten mich in diesen
Vorstellungen ein. Kein Stück – kein Film. Das Konzept sieht mittlerweile anders aus. Was wollten wir überhaupt zeigen? Wie schreibe ich ein Musical? Wie sieht
solch eine Entstehungsgeschichte aus? Nein, nicht das Musical wird hier im Vordergrund stehen, sondern die Macher. Von wegen: „ein Ressourcenmanager und
ein Banker lassen etwas Großes entstehen...“. So, oder so ähnlich werden wir die Dokumentation aufziehen. Einen großen Teil der Arbeitsmittel dafür besitzen
wir. Und einige Kontakte in unserem näheren Umfeld werden uns helfen, dieses Neben-Projekt zu verwirklichen.
08.08.2009 Vor lauter Freude, dass wir mit unserem Manuskript fertig waren, vergaßen wir beinahe, dass uns einige Baustellen verfolgten. Zum einen fehlte
unsere mediale Eröffnungssequenz, die mit wenigen Zeilen ausgebaut werden musste und zum zweiten gab es noch einige Lücken in unserem Song-Repertoire.
Die Grundideen dafür waren glücklicherweise vorhanden. Die letzten Reime und gesanglichen Abschnitte schrieb ich in meinem Urlaub vor einer Woche. Auch
kleine Korrekturen konnte ich hier an unserem Libretto vornehmen, die uns vorher nicht aufgefallen waren.
Das schöne Wetter der letzten Monate nahm mir die Lust, Zeit in meinem Studio zu verbringen. Die Kompositionen müssen bis zum Herbst warten.
Jörg ist derzeit damit beschäftigt, seinen Zusammenzug mit seiner Freundin zu planen. Mit einem immensen, ich nenne es mal Verwaltungsaufwand. Auch hier
wird sorgfältig geplant, was Zeit in Anspruch nimmt, obwohl er die reine Arbeit des Umzugs anderen überlässt. Aber das ist in Ordnung. Anders hätte ich mir
das bei ihm auch nicht vorstellen können. Ich bin auch ganz froh darüber, dass ihm nun in der Zukunft nicht mehr so viel Zeit verloren geht, nur um seine
Freundin zu besuchen.
Auseinandersetzungen und Diskussionen ließ sich Jörg auch in diesen Tagen nicht entgehen. Zunächst nicht mit mir, sondern mit Rainer. Wie beschrieben, bot
sich Rainer an, das Manuskript in die endgültige Form zu bringen. Wir warteten. Tage, Wochen, Monate. Nichts tat sich. Auf meine Anmerkungen, warum wir
nicht einen Teil seiner Arbeit zu Gesicht bekämen, reagierte Jörg mit verständnisvollen Worten, dass Situationen in Rainers Leben dies verhinderten. Er sprach
von Problemen im Job, von Problemen mit dem Computer, von Problemen mit der Familie und vielem mehr. Ich hatte das Gefühl, dass dies Ausreden waren.
Nicht, dass ich behaupte, diese Dinge hätten nie stattgefunden, aber ich erinnere mich an Situationen in meinem und in Jörgs Leben, die ebenfalls Verwirrung
stifteten und ein Weiterarbeiten zeitweise nicht zuließen. Dennoch rauften wir uns zusammen und machten weiter. In den letzten Tagen war auch Jörg meiner
Meinung und schrieb Rainer nach zahllosen Telefonaten eine Mail. Leider kenne ich den Inhalt des genannten Schreibens nicht. Die Antwort von Rainer war
eindeutig: „Und nun macht Euren Scheiss allein weiter“. Ich denke, auch damit hat sich eine weitere Zusammenarbeit erledigt.
Ich bin nicht traurig darüber, denn ich ahnte so etwas. Die Folgearbeiten werden in der altbewährten Konstellation stattfinden.