“Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis.(Woody Allen).”
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Wehleidigkeit

Foto © dpa Die Wehleidigkeit ist ein Bestandteil von uns. Mit uns, meine ich uns Deutsche. Wir sind ein Volk von Pessimisten, Schlechtmachern und Jammerlappen. Egal, wie toll wir irgendetwas finden würden, wir suchen zunächst nach dem Negativen. Wir interpretieren und zerreden es dann so lange, bis wir es schlecht finden müssen. Wir klagen über Lebensmittel- und Benzinpreise, über das Lästern unserer der Nachbarn, über unsere Wehwehchen, den Verkehr, die Schwiegermutter, den Job, Sommer ist viel zu heiß, Winter viel zu kalt und tausend andere Dinge. Wenn ich jemanden frage, wie es ihm geht, höre ich vorrangig die Antwort: "…geht so…" oder "…den Umständen entsprechend…". Kaum einem geht ein Satz, wie "super, mir geht es fantastisch!" über die Lippen. Auch wenn die letztere Antwort bei diesem einem zutreffen würde, wählte er lieber die leidende Version. Wir leiden gern. So habe ich den Eindruck. Was treibt uns dazu, unser Leben so darzustellen, als lebten wir die meiste Zeit unseres Daseins im Keller? Besonders fröhlich können wir anscheinend nicht sein. Auch wenn uns Deutschen kein Humor nachgesagt wird, sollten wir das nicht zu wörtlich nehmen. Abgesehen vom organisierten Karneval, der von einigen Mitgliedern unserer Gesellschaft todernst genommen wird, sind wir doch im Grunde ein humorvolles Volk. Nur zeigen wir es nicht. Ich nehme an, dass uns dieses Jammer-Gen, dass sich in den letzten Jahrhunderten in uns Deutschen entwickelte, mittlerweile ohne eigenes Zutun in die Wiege gelegt wird. Unsere Erziehung und der Einfluss der Medien erledigen den Rest. Die ewige Schuld, die der Deutsche mit seiner Vergangenheit zu verantworten hat, legt sich unbewusst und unaufhaltsam auf unser Gemüt und auf unseren Umgang miteinander. Guido Knopp auf allen Kanälen, damit kein Deutscher auf andere Gedanken kommt. Je größer mit den Jahren der Kreis der Unschuldigen wird, umso größer wird unsere Demut und die Zurückhaltung in unserem eigentlich doch so glücklichen Dasein. Wir gewöhnten uns daran. Was nun, wenn es uns wirklich schlecht gehen sollte? Nimmt uns das überhaupt jemand ab? Wie kann ich unterscheiden, ob es einem nur scheinbar oder wirklich nicht gut geht? In seinen Aussagen gibt es ja diesen Unterschied nicht! Ebenfalls eine große Rolle spielt der Neid, die Missgunst oder der Geiz. Wir können uns nicht erfreuen an dem Glück oder der Freude Anderer. Es betrifft ja schließlich nicht uns selbst. Also müssen wir etwas finden, dass diese Freude übertüncht. Manch einer von uns meint natürlich nicht alles genauso , wie er es auch sagt. Er regt sich beispielsweise über die Umweltverschmutzung der großen bösen Industrie und den USA auf, fährt jedoch selbst ein 4 Liter-Auto mit 200 PS. Er geht alle vier Jahre seinen Volksvertreter wählen, regt sich über dessen Politik auf, lässt ihn aber gewähren und wählt ihn das nächste Mal wieder. Er ärgert sich über seine Hausbank, deren Gebühren und Arbeitsweisen, bleibt danach aber noch jahrelang Kunde! Diese Beispiele zeigen, dass wir zudem auch noch träge sind, um etwas zu verändern. Aber vielleicht wollen wir ja gar nichts verändern. Vielleicht wollen wir in unserer kleinen Welt leben und brauchen einfach nur Themen, über die wir in der Öffentlichkeit reden könnten? Und einen größeren Spaß bereitet es nun mal, wenn wir uns lang und breit über Dinge auslassen dürfen, die nicht in Ordnung sind, selbst wenn sie es sind.